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KINO IN MÜNCHEN
 

Schauburg, Planegg b. München
Vorstellungen: 20.00 Uhr, Sonn- und Feiertags auch 17.00 Uhr; 236 Sitze; Preise zwischen 3,50 und 5,00 DM.
Planegg liegt im Westen Münchens: vom Zentrum schon so weit entfernt, daß man es sich leisten kann, ein Kino in diesem ländlich-bayerischen Stil zu bauen. Ein einstöckiges Gebäude mit Flachdach, kleine Fenster mit grünen Fensterläden. In den Vorraum gelangt man durch einen kleinen Seiteneingang. Der Besitzer verkauft die Karten und erzählt von besseren Zeiten, wo er noch Angestellte hatte, das Kino noch manchmal ausverkauft war. Er (wie auch die anderen Kinoinhaber im Westen) schimpft auf das Oktoberfest, das ihm das Geschäft verdirbt. Seinen Lebensunterhalt verdient er sich mit einer Eisdiele im gleichen Haus; in die Eisdiele kann man direkt von der Straße hineingehen.
Im Kinosaal harte Stühle, ein zerschlissener Vorhang, vertrocknete Blumen, eine Projektion, bei der entweder die Köpfe oder die Füße abgeschnitten sind; man fragt sich, ob der Kinobesitzer je ein besseres Geschäft machen wird, und wie sein Eis wohl schmeckt.
Gefreut haben mich die drei Vorschauen, die angekündigte Wochenschau wurde leider nicht gezeigt.
Gesehen habe ich Charlie Chaplins Lachparade.
Hinter mir zwei Jungen: der ältere liest dem jüngeren die Zwischentitel vor.
Ca. 25 Zuschauer, zumeist Kinder.

Kino-West, Gräfelfing
Vorstellungen: 20.00 Uhr, samstags und sonntags auch 17.45 Uhr; 369 Sitze, davon in dieser Vorstellung, samstags 20.00 Uhr, ca. 30 besetzt.
Bemüht zu sein scheint der Inhaber dieses Kinos. »Mitglied der Gilde deutscher Film-kunsttheater« Er betreibt sein Geschäft nach Feierabend: als Hobby oder so...
Diesen Ausflug in den Westen habe ich ziemlich mißmutig unternommen: fortwährend wollte mein Auto nicht anspringen und ich mußte mir in der Nähe der Kinos immer eine abschüssige Straße suchen, an der ich mein Auto abstellen konnte. Mißmutig bin ich dann auch in die Kinos gegangen.
...Das Kino-West ist ein »Kino mit Ambitionen« was heißen soll, daß hier »anspruchsvolle Filme« angeboten werden; wobei etwa I. Bergmans Szenen einer Ehe gemeint ist. Gesehen habe ich zum zweitenmal an diesem Tag Charlie Chaplins Lachparade; die Reklame der ortsansässigen Handwerker und Geschäftsleute erst nachdem ersten Film der Lachparade.
Die Projektion war zufriedenstellend, die Stühle gepolstert, die weißgekalkten Wände mit Bildern aus der griechischen Mythologie, der große Kinosaal nur zu etwa einem Zehntel besetzt mit Pärchen, die am Samstagabend nichts besseres zu tun haben als Charlie zuzusehen...

PA-LI, Pasing (Palast-Lichtspiele), Spiegelstr. 3
Vorstellungen: 15.30, 18, 20.30 Uhr; Eintrittspreise: 3,50 / 4,50 / 5,- / 5,50 DM; 281 Sitze. Auslastung: ca. 15%, nach Angaben des Besitzers.
Da Pa-Li ist, wie mir der Besitzer erzählte, das älteste und das letzte Kino in München-Pasing. Er hat das große Kinosterben beobachtet und wartet nun auf den Tag, an dem auch er dichtmachen kann. Ihm sei es auch egal, welche Filme er spiele, alle Filme liefen gleich schlecht.
Der Vorraum erinnert mich an das Kino in dem Ort, in dem ich aufgewachsen bin: der Reiz eines Wartesaals in einem Provinz-Bahnhof: der Geruch nach Bohnerwachs überall. Im Kinosaal der gleiche Geruch, Sitze mit zerfetztem Polster, graue Leinwand, verschlissener Samtvorhang.
Gesehen habe ich mit ca. 20 anderen Besuchern, zumeist 16 bis 18jährige Mopedfahrer, die durch ihr Verhalten alles daran zu setzen schienen, ihren Freundinnen zu imponieren, Der Mann mit der Teufelskralle - ein Bruce Lee-Film. Von diesem Film möchte ich mir einmal eine gut erhaltene Kopie ansehen.

*

Übereinstimmend klagen die Besitzer über die großen Uraufführungskinos in der Stadt, die ihnen das »Geschäft« verderben. Auf die Frage, ob es nicht besser wäre, wenn sie sich zusammentun würden, um so diesem Kartell zu begegnen, schauen alle nur beiseite.

ELDORADO, Sonnenstraße 7
Vorstellungen: 13, 15.30, 18, 20.30, 22.50 Uhr; 295 Sitze; Preise: 5,50 / 7,- / 8,- / 9,- DM.
Ein Uraufführungskino mit einem Nachtprogramm, in dem man manchmal einen Film fin-det, den anzuschauen lohnt. Es läuft z.Zt. Frankenstein Junior von Mel Brooks. Gesehen habe ich ihn nicht: »Ausverkauft«.

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(Veröffentlicht in: Filmkritik Nr. 228, München, Dezember 1975, Seite 546-547)
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