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Es ist eine deutliche Beschreibung dessen, was unserer Sterblichkeit
nur dunkel ahndet.
Das Licht, worin sich uns das Schöne zeigt,
kömmt nicht von uns, sondern fließt von dem Schönen selber
aus und verscheucht auf eine Weile die Dämmerung um uns her.
Darum fühlen wir beim Anblick des Schönen
unser Herz und unsern Verstand erweitert, weil uns etwas von demjenigen
sichtbar und fühlbar zu werden scheint, was immer unsern forschenden
Gedanken sich entzieht, welche durch die schwachen Laute der Sprache nur
mühsam ihren Kreislauf beschreiben und immer da in sich selbst wieder
zurückfallen, wo sie ihren höchsten Gegenstand zu erreichen hofften.
Je mehr wir nämlich überhaupt beim Anblick
der Natur die Ursach in ihrer Wirkung, das innere Wesen der Dinge in ihren
äußren Formen und Gestalten lesen, um desto befriedigter fühlen
wir uns, und um desto vollkommner scheint uns das zu sein, was durch seine
äußere Form zugleich sein inneres Wesen uns enthüllt.
Eben darum rührt uns die Schönheit der
menschlichen Gestalt am meisten, weil sie die inwohnende Vollkommenheit
der Natur am deutlichsten durch ihre zarte Oberfläche schimmern und
uns wie in einem hellen Spiegel auf den Grund unseres eigenen Wesens durch
sich schauen läßt.
Die Nacktheit selber, welche jeden Mangel aufdeckt
und jedes andere Tier entstellet, ist bei dem Menschen das höchste
Siegel der Vollendung seiner Schönheit, die allein ihrer Blöße
sich nicht schämen darf, sondern wie die Wahrheit keinen andern Schmuck
als sich selber kennt. Denn die Nacktheit selbst entsteht ja aus der vollkommensten
Bestimmtheit aller Teile, wodurch alles Zufällige von der vollendeten
Bildung ausgeschlossen wird und nur das Wesentliche auf der Oberfläche
erscheint. |
Sobald die Bildung nicht in allen Teilen so
vollkommen bestimmt und vollendet ist, daß sie das innre Wesen des
Gebildeten allenthalben auf seiner Oberfläche durchschimmern läßt,
findet auch bei der Entblößung keine eigentliche Nacktheit statt.
Denn die letzte ins Auge fallende Oberfläche
ist alsdann immer selbst schon wieder eine Art von Bekleidung, die das
innere Wesen uns verdeckt - eben weil alsdann die Bildung nicht vollkommen
bestimmt und in sich selbst vollendet ist, sondern durch den Auswuchs von
Schuppen, Haar und Federn gleichsam über sich hinausgeht - und eben
dadurch immer mehr an Schönheit und Bedeutsamkeit verliert, bis sie
zuletzt in dem unbestimmtesten Wachstum der Pflanze die harte Rinde um
sich herzieht, die den Schatz von Vollkommenheit, den sie umschließt,
am neidischsten unserm Blick entzieht. So wie sich nämlich mit der
zunehmenden Bestimmtheit alles Ungebildete dem Gebildeten nähert,
so nähert sich auch mit der zunehmenden Zufälligkeit das Gebildete
immer mehr dem Ungebildeten. (...) |
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Der Tropfen fällt dem Tropfen, der Staub
dem Staube zu - aber das Gebildete fällt nicht zu sich selber, sondern
ist nur insofern gebildet, als es durch die Bestimmtheit seiner Form sich
aus seiner nächsten Umgebung sondert und das Zufällige von sich
ausschließt.
Das Unorganisierte hingegen, welches dem Unorganisierten
zufällt, wird ungehindert mit ihm eins und zieht es mit sich zu Boden.
(...)
Der Regen strömt in Tropfen, in Flocken fällt
der Schnee herab, die zueinanderfallend in eine Masse sich verlieren.
Die Zufälligkeit seiner Bildung drückt
den harten Stein zur Erde nieder, und die Bestimmtheit ihrer Form treibt
die Pflanze aus dem Schoß der Erde empor. . . . . . . . . . . |
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