andere sagen anderes als goethe, andere zeiten entwickeln andere gedanken, bleiben nicht stehen, gehen vielleicht weiter. anfang der 50er jahre entwickelte der dichter rainer m. gerhardt die folgenden gedanken:
Die Mär von der Musa Nihilistica
( . . . )
Ohne Zweifel ist Stil eine Qualität. Es wird uns nicht einfallen,
bestimmte Anwendungen grammatischer, klanglicher oder metrischer Elemente
als Stil zu bezeichnen. Ein Wort Schönbergs variierend, kann man sagen:
Es gibt nur Stil oder Nicht-Stil. Womit ich der Diskussion eine andere
Richtung gegeben haben möchte.
Die Anwendung gleichtechnischer Elemente, die Wiederholung oder Variierung
der gleichen Elemente kann man ohne weiteres als Manier bezeichnen. Manier
kann Voraussetzung für Stil sein, oder auch Stilmittel.
Ein Metrum, das nicht gefüllt ist, bleibt ein bloßes Metrum,
und wird zu nichts anderem, auch wenn man es noch so gerne möchte.
Die pedantische Zeichnung eines Akademikers bleibt ein Abklatsch gewisser
vor seiner Nase aufgebaumelter Gegenstände und verändert nicht
seinen Charakter als etwas Pedantisches. Die Veränderung, die mit
Metrum oder genau gezeichnetem Element vorgenommen werden, sind die Grundlage
für Manier (in Wiederholung des einmal Erarbeiteten) oder von Stil
(der andauernden Veränderung gewisser Elemente). Stil ist Handschrift.
Die Veränderung, die Stil an Manier vornimmt, sind die Veränderungen
der lebendigen Handschrift am reinen Ornament.
Die Unterschiede zwischen Manier und ihren Rangordnungen (nach der
Qualität) und Stil sind Unterschiede der Art und nicht des Grades.
Die kultivierte Feder wird ebenso Kunstwerke hervorbringen wie der Pinsel
des Besessenen. Dem einen wird Manier das Nahestehende sein, während
dem anderen nur die Möglichkeit des Stils oder des Versagens offen
bleiben.
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