Aus Racines Vorrede zu »Phaedra«:

(...) Tatsächlich ist Phaedra weder ganz schuldig noch ganz schuldlos. Sie ist durch ihre Bestimmung und durch den Zorn der Götter in eine unerlaubte Leidenschaft verstrickt, vor der sie selbst den größten Abscheu empfindet. Sie macht alle erdenklichen Anstrengungen, um sie zu überwinden. Lieber will sie sterben, als sie jemandem eingestehen. Ist sie aber einmal gezwungen, sie zu bekennen, so spricht sie davon mit einer Verwirrung, die offenbart, daß ihr Frevel weniger eine Regung ihres Willens als vielmehr eine Strafe der Götter ist. (...) Die Verfehlungen der Liebe gelten hier als wirkliche Verfehlungen, die Leidenschaften werden nur vor Augen gestellt, um die ganze Zerrüttung zu zeigen, deren Ursache sie sind, und das Laster wird hier überall mit Farben ausgemalt, die seine Häßlichkeit aufdecken und abscheulich machen. Dieses Ziel sollte sich jeder setzen, der für die Öffentlichkeit arbeitet (...).

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